Flop oder Top!

Der Rennmotor der Yamaha TZ 500, King Kenny's Maschine in Serie! 

Motor

TZ Kraftwerk: Der Reihenvierzylinder baut besonders kompakt!

Yamaha mag's geheimnisvoll. Maßgeschneiderte Planen verhüllen die Yamaha-Rennmaschinen selbst dann noch vor neugierigen Blicken, wenn die gesamte Rennwelt die technischen Rumpfdaten schon im Schlaf herunterbeten konnte.
Manchmal freilich haben die Yamaha-Techniker allen Grund, ihre Einzelstücke vor Wissbegierigen abzuschirmen. So etwa im Frühjahr 1978:

Da galt es den Vierzylindermotor von Kenny Roberts ganz besonders sorgfältig zu verstecken. Während der Yamaha-Rennstall von Sieg zu Sieg eilte, versuchten die Anwälte noch eilends 20 Patente für das Geheimnis jener Halbliter-Werksmaschine durchzupauken. Am 4. März 1978 lüftete Yamaha erstmals den Schleier des Y.P.V.S., fortan war das Yamaha Power Valve System in aller Munde, aber nur in einer Maschine: im Werks-Vierzylinder von Weltmeister Kenny Roberts.

Motor

Der Zylinder mit Kopf, Kolben, dem Walzenschieber und dem Steuerelement.

Yamaha bescherte dem Champion damit - so der Werbetext - eine bedeutend verbesserte Leistungsausbeute über den gesamten Drehzahlbereich.
Die Philosophie des brandneuen Steuerungssystems auf der Außenseite wurde gleich mitgeliefert: Beim Zweitakter sind hochgezogene Auslaßkanäle gleichbedeutend mit hoher Spitzenleistung. Umgekehrt bringen zahme Steuerzeiten auf der Auslaßseite natürlich besseren Durchzug in unteren Drehzahlbereichen."
 

Auslaßsteuerung: Entweder ganz geöffnet, oder vom Walzenschieber verengt.

Folgerichtig verengen die vier Walzen des Yamaha TZ 500-Motors die Auslaßschlitze bei geringeren Touren und beginnen ab 6000 Kurbelwellen-Umdrehungen pro Minute nach und nach dem verbrannten Gas früheren Austritt zu gewähren. Eben diese Patentlösung verbarg sich im Frühjahr 1978 unter den Decken der Werksmaschine. Dazu ein ominöses, schwarzes Kunststoffkästchen, das lenkende Gehirn des Y.P.V.S. Dort liefen Informationen über die Drehzahl, über die Stellung des Gasdrehgriffs und die Unterdruckverhältnisse im Ansaugtrakt zusammen. Ein kleiner Elektromotor schließlich bewegte über Züge die vier zusammengesteckten Steuerwalzen in den AusIaßkanälen.

Zwei Jahre später, mit der Vorstellung des TZ 500 Production Racers, verlor das System der Kraft-WaIzen an Exklusivität. Auch die beinahe 40000 Mark teuere Replica der Weltmeistermaschine ist mit einem Walzensystem ausgestattet, wenn auch in einer vereinfachten Ausführung.

Im Vierzylinder vom Fließband verbindet ein simples Gestänge die Walzenbatterie mit einem Steuerelement, das über eine herkömmliche Drehzahlmesserwelle Verbindung zum Kurbelgehäuse hält.


Walzenschieber im Auslaßtrakt jedes Zylinders

Anders als in der elektronisch aufgerüsteten Werksmaschine reagiert eine fliehkraftaktivierte Rutschkupplung in diesem Verstellmechanismus ausschließlich auf die Kurbelwellen-Rotation. Sobald 6000/min anliegen, wird das außenliegende Gestänge aktiv, die Walzenschieber beginnen die Auslaßkanäle nach oben zu weiten. Bei 10150/min schließlich ist der Weg ins Auspuffrohr gänzlich geöffnet. Effektiv verändern sich die Auslaßsteuerzeiten um drei Millimeter Kanalhöhe.
Wie bei der Formel-Maschine arbeiten auch im Grand Prix-Motor vier Pleuel auf zwei Kurbelwellen. Und zwar so, daß jeweils der erste and vierte and der zweite and dritte Kolben parallel zueinander nach oben oder unten streben. Die Kurbelwellen greifen - ebenso nach altem Muster - auf eine gemeinsame Zwischenwelle.

TZ Innenleben: dreiteilige Wellen und vorgebrochene Lager.

Da an den dreigeteilten Kurbelwellen jeweils die inneren Kurbelwangen fest miteinander verbunden sind, bedurfte ihre Lagerung eines besonderen Kniffs. Wie in den Erfolgstagen des Viertakters von MV Agusta lassen die Zweitakt-Konstrukteure die Kurbelwellen der TZ 500 in vorgebrochenen Rollenlagern führen. Die Vorteile: leichte Montage, zudem perfekte Verzahnung der beiden Hälften des Lagerkäfigs. 

TZ Konstruktion: Zwei Kurbelwellen, Kraftübertragung auf eine Zwischenwelle.

Englische Vorgänger hat dagegen ein besonderer Gag des Motorengehäuses: An der Roberts-Replica läßt sich das Getriebe ohne Motorendemontage austauschen bzw. reparieren.

TZ Spezialität: Das Getriebe kann ohne Motordemontage ausgetauscht werden

Yamaha macht daraus eine weiter Tugend weitere Tugend. Das einfach seitlich herausziehbare Getriebe Iäßt in aller Eile die Abstimmung der einzelnen Gangstufen auf spezielle Streckenverhältnisse zu. Drei verschiedene Rädersätze werden bereits beim Kauf mitgeliefert, unverwechselbar gekennzeichnet.
TZ Räderwerk: kompaktes und superschnell wechselbares Kassettengetriebe.

Auch der Motorengehäusedeckel über den Kurbelwellen ist mit wenigen Handgriffen abzuschrauben. Die weiteren Innereien des Triebwerks sind nach Abnehmen der Seitendeckel zugänglich. Auf das Motorengehäuse der TZ 500 ist Yamaha ohnehin besonders stolz. "Wir bauen die erste Serienrenn- maschine mit Magnesium Motorgehäuse", warf sich Yamaha beim Vorstellen des Production Racers in die Brust.

Üblicherweise wurde der knapp vier Liter fassende Kühler aus Aluminium gefertigt. Dafür enthält der Reihenmotor mit 56 Millimetern Bohrung und 50,7 Millimetern Hub ausschließlich bewährte Zutaten. Die einzeln stehenden Aluminium-Zylinder, deren Gashaushalt über vier Überstromkanäle geregelt wird, haben verchromte Laufflächen. Die Kolben sind mit je einem Ring ausgestattet.

Als einziger Rennmaschinen-Hersteller hält Yamaha auch an der klassischen Beatmung der Renn- zweitakter durch Schlitzsteuerung fest, während Konkurrenzler Klassen durchweg auf Plattendreh- schieber schwört. Dafür preist Yamaha eine Besonderheit der 34Millimter Vergaser von Mikuni: "Das Powerjet-System garantiert zusätzliche Gemischanreicherung im oberen Drehzahlbereich." Hinter dem protzigen Begriff Kraftdüse verbirgt sich nichts anderes als ein Verbindungsschlauch, der bei Vollast zusätzlich Treibstoff aus der Schwimmerkammer in den Ansaugtrakt fordert. 
Die Spezialitäten des Vierzylinders, dessen Leistung in der Serie mit etwa 110 PS und in der Werksmaschine mit zirka 130 Pferdestärken bei jeweils 10 500/min beziffert wird, sind also aufgedeckt.

TZ Elektrizitätswerk: Auf der Antriebsseite sitzt die Zündung, siehe Ritzel (Gewichtsersparnis)

von Hans Jürgen Nowitzki

Technische Daten, Motor: Yamaha TZ 500 (1980)

Motor
Flüssigkeitsgekühlter Vierzylinder-Zweitaktmotor in Reihe, Schlitzgesteuert, quer zur Fahrtrichtung eingebaut. Bohrung x Hub: 56 mm x 50,7 mm, Nennleistung ca.110 PS (130PS *)  /10500 U/min, Mischungsschmierung 1 : 20.

Vergaser
4 Mikuni Rundschiebervergaser mit zentraler Schwimmerkammer und Powerjetsystem (Gemischanreicherung), Vergaserdurchlass 34mm 

Kraftübertragung
Klauengeschaltetes Sechsganggetriebe (Kassettengetriebe)mit Mehrscheiben- Trockenkupplung. Sekundärantrieb über Einfach-Rollenkette (Rennkette).

Zündung
Kontaktlose Transistor Zündanlage 12 Volt. Zündkerze: 
    
Daten der Werksmaschine* in Klammern

Artikel wurde im veränderten Text / Layout bzw. Bildmaterial aus "Motorrad" 22/1980 entnommen